Aristoteles: Was hat der alte Grieche denn mit Teams zu tun?

Eigentlich nichts, wäre da nicht Google gewesen.

Weil aber Google genau wissen wollte, was ein Team erfolgreich macht, kam der Philosoph ins Spiel.

 

Aber von Anfang an…..


„Wir stellen einfach die besten Leute ein und lassen sie machen“.

 

Soweit Googles Idee, aber schnell stellte sich heraus, dass man auf diese Weise keine guten Teams zustande bringt.

Aber wie dann?

Was genau macht denn ein Team effektiv?

Oder anders gefragt:

Warum sind Teams (auch wenn die schlauesten Köpfe zusammenkommen) oft so unproduktiv?

 

Anstatt Bedingungen zu schaffen, die es einem Team ermöglichen, sich voll zu entfalten, sind Strukturen vorhanden, die die Teamproduktivität und gemeinsamen Anstrengungen ersticken. Ob es die Bürokratie, eine schwache Führung, überflüssiger Konkurrenzkampf, Entmutigung oder zwischenmenschliche Konflikte sind. Oder sind es einfach nicht die "richtigen" Mitarbeiter*innen, die wir im Team haben?

 

Google wollte es genau wissen.

Was macht Teamarbeit erfolgreich?

 

Google war gründlich und hat keinen Aufwand gescheut:

Untersucht wurden 180 Teams mit 3-51 Mitgliedern anhand von 250 Kriterien – die sogenannte „Aristoteles-Studie“ (Start 2012)

 Man hatte natürlich Hypothesen und erwartete, dass

  • Fachkompetenz
  • Erfahrung
  • Einheitliche Organisationsstruktur
  • „Gleichheit“ der Teammitglieder
  • „Verschiedenheit“ der Teammitglieder
  • Führungskompetenz
  • Agilität
  • usw.

entscheidende Faktoren sein würden.

Und man hatte auch teilweise recht.

Man fand Teams, die sehr effektiv waren, bei denen diverse der oben genannten Kriterien zutrafen.

 

Es gab aber auch effektive Teams, bei denen sich die Teammitglieder sehr ähnlich waren und andererseits Teams, bei denen sehr große Unterschiede existierten.

 

Fachkompetenz war wichtig, aber es gab auch grandiose Teams, die mit mittelmäßigem Fachwissen erfolgreicher waren, als Teams nur mit "Gurus".

 

Es gab sie also nicht, diese magische Mischung aus Fähigkeits- oder Persönlichkeits-Typen, Alterszusammensetzungen, Teamgrößen, bestimmter Verhaltensweisen, schicken Büroeinrichtungen etc.

 

Und definitiv keine Auswirkungen auf die Effektivität hatten beispielsweise die räumliche Nähe der Arbeitsplätze, die individuelle Leistung der einzelnen Teammitglieder oder Arbeitsumfang oder die Größe des Teams.

 

Aber es gab ein eindeutiges Ergebnis! Aber eben eines, dass man so nicht erwartet hatte (Im Nachhinein betrachtet, ist es dann doch nicht so überraschend und irgendwie entspricht es auch unseren Erfahrungen!)

  •  Teaminteraktion ist wesentlich wichtiger als Teambildung!

oder anders ausgedrückt

  • Teameffektivität ist weniger von den Personen im Team abhing, als vielmehr von der Art und Weise, WIE diese zusammenarbeiteten

Eine GROSSARTIGE NACHRICHT für alle Führungskräfte!

 

Denn wenn es kein Geheimrezept bei der Zusammensetzung von Teams gibt, können Sie aus (fast) allen Teams ein leistungsstarkes entwickeln.

Also auch aus Ihrem jetzigen Team!

Schluss mit dem ewigen Zaudern und Zagen:

„Ich würde ja gerne mit meinem Team mehr Leistung bringen, aber wenn sie wüssten, wie meine Mitarbeiter*innen / meine Kollegen*innen ticken /... so drauf sind/ .... was dass für schwierige Menschen sind / ... wie wenig innovativ die arbeiten wollen und können ...

 

Hier die Faktoren erfolgreicher Teams in Kurzform:

 

1. TOP 1, mit Abstand die wichtigste Erkenntnis: Psychologische Sicherheit.

Der etwas sperrige Begriff wird schon seit den 90ern bestens erforscht (Amy Edmondson) und doch führen die Erkenntnisse in der Praxis der Unternehmenswelt weiterhin einen Dornröschenschlaf. 

Die drei wesentlichen Kennzeichen von psychologischer Sicherheit sind: 

  • Offen die eigene Meinung formulieren. In einem psychologisch sicheren Umfeld darf alles gesagt werden. Alle dürfen ihre persönliche Meinung äußern sowie die Thesen der anderen in Frage stellen.
  • Jede Stimme zählt, also trägt jeder gleich viel bei. Das heißt nicht, dass jeder in jedem Meeting denselben Anteil an Redezeit und Input-Leistung haben muss. Jedoch soll sich der Anteil der Beiträge und des efforts jedes Einzelnen über einen gewissen Zeitraum ausgleichen.
  • Fehler sind Lernprobleme und nicht Ausführungsprobleme. Das Ziel ist, aus Fehlern zu lernen, sodass wir nicht immer wieder dieselben Fehler machen. Gelingt es uns, ein Klima zu schaffen, in welchem der Arbeitsplatz als Lernfeld angesehen wird, so ist das Ansprechen von Fehlern viel einfacher. Was wiederum zu einer steileren Lernkurve führt.

Wichtig!

Wir können Psychologische Sicherheit nicht erzeugen oder mit Teams trainieren, damit sie einfach „psychologisch sicher“ sind.

Psychologische Sicherheit ist keine Fähigkeit des Teams sondern eine Haltung, ein Zustand im Miteinander, der für eine Entwicklung hin zum Erfolg eines Teams unerlässlich ist.

Die Führungskraft spielt dabei eine entscheidende Rolle, indem sie die Voraussetzungen schafft.

Die beiden essentiellen Faktoren sind Respekt und eine „Erlaubnis zum Partizipieren“. Letzteres meint nicht nur die Erwartung des/der Vorgesetzten „den Job zu erledigen, siehe Stellenprofil“ sondern viel mehr „Mitdenken und Mitlenken. Deine Meinung, deine Ideen und deine Bedenken sind wichtig für unser Team und werden gehört. Ohne Angst vor Risiken kannst du innerhalb meines Teams, deine Meinung sagen, etwas Neues auszuprobieren oder Misserfolg oder Unsicherheit zuzugeben. Du brauchst keine negativen Konsequenzen und Statusverlust zu befürchten. Keiner wird – auch subtil - an den Pranger gestellt". Das sollte jedes Teammitglied wissen und spüren.

Und zwar, weil alle davon etwas haben. Denn in Konsequenz

  • zähle jeder im Team als Individuum
  • wird im Miteinander eine größere Bereitschaft freisetzt, Neues zu lernen,
  • und einen eigenen Beitrag zu leisten (also auch etwas auszuprobieren-Ausgang unklar!) und
  • es ist kein Tabu, den Status Quo herauszufordern (die Voraussetzung für Innovationen und kreative Ideen!)

Diffuse Angst oder Furcht, z.B. vor Konsequenzen existieren im Team mit psychologischer Sicherheit nicht, Vertrauen und Zutrauen hingegen schon.

Wie erwähnt, auch als Führungskraft können sie diesen mindset dem Team nicht „beibringen“, aber als Haltung vorleben.

Starten sie und 

  • fragen sie aktiv und direkt nach der Meinung im Team und danken sie für deren Offenheit
  • bitten sie um Kritik und danken Sie für den Mut, diese zu äußern
  • und kommen sie mit dem Team darüber ins Gespräch (Was heißt das genau? Was  ist Dein Vorschlag? Wie sehen das die Anderen?...)
  • trainieren sie mit ihrem Team kommunikativen Fähigkeiten z.B. Feedback geben und erhalten
  • sprechen Sie proaktiv über ihre eigenen Unsicherheiten und Fehler
  • testen sie im Team unterschiedliche Gesprächsformen (Kreisgespräche, Reflexionsrunden, .....)

Verwechseln sie aber Psychologische Sicherheit nichts mit reiner Nettigkeit.

Nicht gemeint ist eine Wohlfühlumgebung, in der sich alle dauernd auf die Schulter klopften.

Es darf und soll durchaus in der Sache kritisch diskutiert werden.

Dabei selbstverständlich ist jedoch der wertschätzende und respektvolle Umgang.

 

2. Zuverlässlichkeit

Der zweitwichtigste Grund für erfolgreiche Teamarbeit ist Verlässlichkeit. Jede*r im Team weiß, dass alle ihr Bestes geben und Aufgaben, die sie übernommen haben auch erledigen. Jede*r gibt rechtzeitig Bescheid, falls er/sie Schwierigkeiten hat oder Hilfe benötigt.

 

3. Transparente Struktur

Allen ist klar, wie das Team kooperiert, Entscheidungen trifft und strukturiert ist. Jeder im Team weiß, was seine/ihre Rolle ist, was von ihm/ihr erwartet wird und wie wichtig seine Leistung für die Gesamtheit ist.

 

4. Sinn

Damit aus einem Team ein erfolgreiches Team wird, weiß jede*r im Team weiß, welchen Sinn er/sie persönlich und individuell darin sieht, sich im Projekt zu engagieren. Das ist ein ganz persönlicher und individueller Aspekt und kann daher bei jedem Mitglied eines Teams anders sein.

 

5. Wirkung/ Bedeutung

Der fünfte und letzte Grund ist Wirkung.

Jede*r im Team ist davon überzeugt, dass seine/ihre Arbeit eine Bedeutung für das Team hat UND eine Wirkung, die über das Projektes hinaus geht. Hier geht es darum, dass wir die Gewissheit haben, dass unsere Arbeit einen Unterschied macht und die Welt verändert.

 

Schenken sie diesen Faktoren kontinuierlich Beachtung!

Regen Sie im Team ein Gespräch zu diesen Faktoren an, reservieren Sie regelmäßig Teamzeiten für das Thema "Wie wollen wir zukünftig noch besser zusammenarbeiten?" und berichten sie von den Ergebnissen der Aristoteles-Studie.

Der Fokus auf diese relativ kleine Anzahl von Themen kann einen großen Einfluss auf den Erfolg ihres Teams haben.

 

Denn schon Aristoteles wusste, warum Teamarbeit unerlässlich ist:

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile"