"hände hoch, wir stimmen ab" leider k-e-i-n-e gute idee

Teamsitzung: Wir haben ein Problem auf der Tagesordnung.

Dazu werden Ideen, Vorgehensweisen und Lösungsstrategien gesammelt. Danach noch Diskussionen geführt, Pro und Contralisten erstellt und  jetzt, kurz vor Sitzungsende, sind wir wiedermal zu keinem Ergebnis gekommen, wie es weitergehen soll.

Schon leicht genervt kommt der Vorschlag:

„Na, dann stimmen wir halt ab. Wer ist für Vorschlag 1, Hände hoch, wer für Vorschlag 2 ..? Gegenstimmen?“

 

Das ist leider KEINE gute Entscheidungsfindung! Warum und wie wir es besser machen können...


Eine „Mehrheit für diese Idee“ bedeutet nicht immer die beste Voraussetzung zur Umsetzung derselbigen.

Warum?

Jede Entscheidungen hat den Sinn, Voranzukommen. Deshalb wählen wir genau diese Möglichkeit aus zig Alternativen aus, die uns den höchsten Umsetzungserfolg bietet. Denn wir wollen die gewünschte Veränderung möglichst einfach realisieren.

Die beste Voraussetzung um eine Idee umzusetzen ist es, wenn die betroffenen Akteure wenig Widerstand gegen die Idee haben und an der Umsetzung aktiv mitarbeiten, denn wie wir alle wissen:

Veränderungen scheitern meist schon an der ersten Hürde, der mangelnden Motivation der Betroffenen!

 

Aber trotz einer zahlenmäßigen Mehrheit für einen Vorschlag kann der Widerstand der „Nein-Stimmen“ UND der "Ja-Stimmen" (Ich stimme für den Vorschlag, denn er ist immer noch besser als der andere, aber auch nicht zu meiner vollen Zufriedenheit)  groß sein kann

Und diesem Fakt sollten wir Beachtung schenken!

Nur wenn man Einwände achtet und die Möglichkeiten bietet, Widerstand gegen Entscheidungen wirksam auszudrücken, ist es möglich, im Team das vorhandene Konfliktpotenzial zu registrieren und im Vorfeld für die beste Entscheidung zu nutzen.

Zwar erhöht sich das Diskussionspotential, aber an DER entscheidenden Stelle und wir erreichen im Anschluss eine möglichst „Einwand-freie“ Zusammenarbeit. Denn andersherum betrachtet, wird Widerstand gegen einen Beschluss, der vor der Entscheidung nicht berücksichtigt wurde, durch den Beschluss weder verringert noch aus der Welt geschaffen. Im besten Fall bleibt er als passive Unzufriedenheit bestehen oder kann die Umsetzung des Entscheids massiv behindern.

 

Also, warum beim nächsten Entscheidungsprozess nicht mal den Widerstandswert statt die Zustimmung messen. Es ist ein Versuch wert!

Denn vielleicht werden wir dann die Entscheidung auswählen, die

  • die geringste Unzufriedenheit in der Gruppe erzeugt
  • bei der Umsetzung am wenigsten bekämpft werden wird und ist daher eine nachhaltige Lösung bietet
  • von allen gemeinsam am leichtesten angenommen wird
  • das geringste Konfliktpotential erzeugt
  • und einem Konsens (der übereinstimmenden Meinung aller zu einer bestimmten Frage ohne verdeckten oder offenen Widerspruch) am nächsten kommt

Ansonsten laufen wir Gefahr, auf unseren "Mehrheits-" Entscheidungen sitzen zu bleiben, die zwar die meisten wollen, die aber an widrigen Umstände/hohen Widerstände scheitern.

 

BEISPIEL: Termin wöchentliche Teamsitzung (sehr vereinfacht)

Bisher war Dienstagsnachmittag immer Teambesprechung. Geht jetzt nicht mehr, denn die neue Kollegin arbeitet nur Mittwochnachmittags. Mittwochnachmittags hat aber Kollege X immer frei, weil er sich an diesem Tag um seine Kinder kümmert.

Jetzt also suchen wir einen Vormittagstermin. Wir stimmen ab. 5 Vormittage stehen zur Verfügung,

Hände hoch: Wer ist für Mo, Di, ……?

Hier das Mehrheitsabstimmungsergebnis bei 12 Teammitgliedern:

 

Die Mehrheit von 4 Teammitgliedern ist für Montag (33 %). Die Sache ist klar:

Teamsitzung Montag Vormittag.

     STOPP!

Uns interessiert der Widerstandspotenial für jeden einzelnen Tag und deshalb messen wir Ihn!

Wir fragen jeden der 5 Tage ab und jedes Teammitglied bewertet seine Widerstand auf einer Skala von 0-10 (0 = kein Widerstand bis max. 10 = geht gar nicht).

Es ergibt sich ein völlig andere Reihenfolge als bei der Mehrheitsabstimmung:




 

Do. hat den geringsten Widerstandswert, aber Teamkollege No. 8 hat einen hohen Widerstandswert von 8 angegeben. Dies sollten wir beachten, sonst fehlt No.8 regelmäßig.

Wählen wir also Mittwochvormittag, wird die Teamsitzung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine hohe Teilnehmerzahl haben, da es der Tag mit dem zweitniedrigsten Widerstandswert ist und kein hoher einzelner Widerstandswert angegebenen wurde.

Der umsetzungswahrscheinlichste Vorschlag ist also nicht der, für den die Mehrheit gestimmt hatte!

 

Voi­là

 

 

P.S. Diese Form des Gruppenentscheids hat natürlich auch einen Namen:

Systemisches Konsensieren. Mehr dazu finden sie hier.