Neulich beim Kunden: Upps, eine Frau ! Schublade auf-Schublade zu

Projektbesprechung beim Kunden:

 

Ein metallverarbeitender Betrieb hatte mich um Unterstützung bezüglich einer Teamentwicklung angefragt.

Mit dem Abteilungsleiter hatte ich mich  getroffen.

Arbeitsauftrag und „Chemie“ stimmten.

Jetzt ging es in größerer Runde um die „Feinabstimmung“ des Auftrages im Unternehmen.

 

Ich wurde vom Abteilungsleiter am Empfang erwartet und zum Konferenzraum geführt, in dem schon der Geschäftsführer, Mitarbeiter der Personalabteilung und zwei Teamleiter saßen.


Ich trat ein und aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie einer der Teamleiter mich zur Kenntnis nahm, aber suchend hinter mich schaute. Reflexartig drehte mich um, neugierig was sich hinter meinen Rücken anspielte: Nichts los. Ich war irritiert.

Wir begrüßten uns, ich nahm Platz und just dieser Teamleiter fragte: "Ach, geht`s schon los?"

 Wer fehlte denn noch? Auch diese Frage irritierte mich kurz.

Egal, anscheinend niemand, denn die Tür wurde geschlossen und das Arbeitstreffen begann.

 

Das Gespräch verlief gut, wir verabschiedeten uns und dann wurde es INTERESSANT:

 

Er wäre wohl etwas überrascht gewesen, gestand mir der Teamleiter beim Hinausgehen.

Da er leider relativ unvorbereitet ins Gespräch gekommen sei und sich eigentlich nur den Namen meiner Firma „THINK FRESH“ und sich das Angebot so „grob“ gemerkt hätte, wäre ihm, ohne darüber nachzudenken, klar gewesen, hier kommt ein: 

  • Mann, 35-40 Jahre alt
  • Hipster-Vollbart
  • Jeans, Sakko, Hollistershirt
  • lässiger Lederrucksack

Wir lachten beide.

Ich dankte ihm, dass er dann doch „umgeschaltet hatte“ und sich auf

  • Frau, Anfang 50
  • Jeans, Bluse
  • Ledertasche einstellen konnte.

"Jaja, kein Problem", erwiderte er, hätte halt nur etwas gedauert. Konnte ich verstehen.

 Puh, ich hatte Glück gehabt. Der Teamleiter konnte seine unbewußten Erwartungen "auf Eis legen" und sich auf die die neue Ausgangssituation einstellen.

 

Immer wenn etwas nicht so läuft wie wir dachten, sollten wir kurz innehalten. Warum?

 

Wir alle haben unsere Muster Vorstellungen, Annahmen im Kopf, ohne dass uns das bewusst ist.

Das ist meistens hilfreich. Manchmal aber nicht.

Sind wir verwirrt und irritiert, ist nicht die Realität das Problem, sondern unserer Vorannahmen. Anders ausgedrückt:

 

Es gibt einen Konflikt für unseren Verstand (-die Schublade klemmt).

Wir haben jetzt zwei Alternativen, um diese Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität zu überwinden:

  1. Plan A Der einfache Weg (Schublade zu drücken!)

Wir machen uns auf die Suche nach bereits Bekanntem und füllen die Lücke mit Theorien und Annahmen, die erneut auf unseren Erfahrungen aus der Vergangenheit basieren. Wir erschaffen also das nächste Muster.

In meinem Beispiel hätte der Teamleiter denken können:

  • Aha, die Frau ist die Vertretung/eine Angestellte. Ihr Chef ist also verhindert. 
  • Oh Gott, eine Frau über 50. Bei all den jungen Männern in meinem Team, das wird nicht funktionieren. Die kommen mit Frauen an der Arbeit nicht klar.

2. Plan B Der anstrengende Weg (Schublade offen lassen!)

 

Wir konstruieren uns einen neuen Sinn jenseits vom Bekannten. Das heißt:

Zunächst suchen wir Schubladen, finden keine passenden und jetzt aufgepasst:

Wir suchen KEINE neuen Annahmen, Theorien, Erklärungen, sondern STELLEN  FRAGEN.

Schon das Fragen (nicht erst  die Antworten) ermöglichen uns, neue Deutungen zu zulassen, die näher an der Realität sein können.

In meinem Beispiel

  • Eine Frau Anfang 50. Könnte das für die männlichen Kollegen vielleicht einfacher sein? Dann gibt es vielleicht keine Konkurrenz, ob sie der bessere Berater sind, weil dieser ihnen so „ähnlich“ ist.
  • Vielleicht ist die Erfahrung und das Alter gar nicht so schlecht. Könnte dies vielleicht Vertrauen schaffen und es dem Team einfacher machen, sich auf Neues und auf Experimente ein zu lassen?

Warum gelingt es uns so selten, Plan B umzusetzen?

 

Weil unser Gehirn dafür auf Hochtouren laufen muss!

Dank unserem jahrtausendealtem „Ökonomieprinzip des Gehirns“ vermeiden wir am liebsten (Denk-)Anstrengungen und wählen „automatisch“ die Energiesparmaßnahme: Bildung bekannter Schemen und Muster (egal ob die erneut etwas mit der Realität zu tun haben oder nicht)

 

Für Plan B entscheiden wir uns nur, wenn wir bereit sind

  • die Scheu vor Unbekanntem zu überwinden und
  • neugierig sind, also den starken Wunsch verspüren, etwas Bestimmtes zu erfahren oder kennen zu lernen.

Halten Sie in Situationen, die sie verwirren und irritieren, inne!

Ihre Vorstellungen und Vorannahmen sind von der Realität ausgehebelt worden.

Kein Grund zu Panik sondern der Anlass für neue Erfahrungen.

Fragen Sie sich: Welche „Denkalternativen“ stehen mir jetzt zu Verfügung. Welche Fragen kommen mir in den Sinn?

 

Gut, wenn man auf Menschen trifft, die ihre "klemmenden Schubladen" auch mal offen stehen lassen!